Search and Destroy Review: Manga-Klassiker Dororo neu interpretiert als futuristisches Endzeit-Spektakel

Search and Destroy Review: Manga-Klassiker Dororo neu interpretiert als futuristisches Endzeit-Spektakel
© Carlsen Manga

Mit der Trilogie Search and Destroy erzählt Mangaka Atsushi Kaneko Dororo neu. Statt angesiedelt im mittelalterlichen Japan, gehen Doro und Hyaku nun in einer futuristischen Endzeit-Dystopie auf die Suche nach geraubten Körperteilen und der eigenen Vergangenheit. Ein gefährliches Unterfangen für die Hauptcharaktere – und Autor Kaneko. Dororo stammt aus der Feder von Manga-Gott Osamu Tezuka und zählt zu den Klassikern der Manga-Literatur.

In Search and Destroy spielt vor allem eine Eigenschaft eine zentrale Rolle: Wut. Angetrieben von dieser wandert Hyaku aus der eisigen Wildnis in eine von Menschen (genannt Sapos) und Maschinen (genannt Kreas) bevölkerte retro-futuristische Stadt. In dieser tragen humanoide Roboter ihre Körperteile mit Stolz, um in den Geschmack des menschlichen Daseins zu kommen. Genau 48 Organe und Körperteile wurden Hyaku als Baby gestohlen und sie selbst als blutendes Bündel zurückgelassen.

Doch Hyaku überlebt mit dieser unbändigen Wut in sich. Ein Wissenschaftler nimmt sich ihrer an und entwickelt für sie roboterähnliche Prothesen, ausgestattet mit allerlei Kampfwerkzeug. Damit tritt Hyaku im Teenager-Alter ihren brutalen Rachefeldzug gegen Kreas und dem Verantwortlichen ihrer Pein, einem außerordentlich mächtigen Mann, an. Auf ihrem Weg begegnet sie Doro. Die findet an Hyaku und ihrer Wut Interesse. Ihre Wege kreuzen sich regelmäßig, bis daraus eine freundschaftliche Zweckgemeinschaft entsteht. Doro, die auf sich alleine gestellt ist, hadert selbst mit ihrer Vergangenheit. Außerdem gilt es, Hyaku die nach und nach nicht mehr benötigten wertvollen Prothesen zu stibitzen…

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Search and Destroy steht für sich

Search and Destroy mit Dororo zu vergleichen wäre unpassend. Die Geschichte hat nur in groben Zügen mit dem Manga-Klassiker von Osamu Tezuka zu tun. Zwar ähneln sich Rachefeldzug und Charaktere, doch könnte das gesamte Setting nicht unterschiedlicher sein. Die Handlung wird regelrecht in ein futuristisches Endzeit-Spektakel katapultiert. Da die Parallelen zum fast schon gemütlich wirkenden mittelalterlichen Japan zu finden, ist schwer.

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Zudem zieht Atsushi Kaneko geschickt Parallelen zur heutigen Welt. Die größer werdende Kluft zwischen Menschen und Maschinen ist in Search and Destroy ebenfalls zentraler Baustein der Geschichte. Ein Element, das sich gut in die gesellschaftliche Entwicklung der Neuzeit interpretieren lässt. Diskriminierung, Ausgrenzung und Gleichgültigkeit bestimmen das Weltbild der Menschen im Manga. Während die Kreas besonders nach dem Krieg in Massenproduktion gingen, um die niederen Arbeiten der Sapos zu verrichten, sind sie jetzt im Überfluss da und fristen ein belangloses Dasein im Untergrund. Von den Menschen verstoßen, aber auch immer mehr als Gefahr betrachtet, planen die Kreas bereits den Aufstand, um sich ihre Würde zurückzuholen.

Wie wertvoll ist es, menschlich zu sein?

Wie wertvoll es den Kreas ist, wie ein Mensch zu sein oder wie einer behandelt zu werden, zeigt die Faszination an Hyakus geraubten Körperteilen. Diese wurden als Geschenk an verschiedene Maschinen verteilt und von diesen seitdem liebevoll gehegt und gepflegt. Die Zunge etwa verleiht einem Krea einen Geschmackssinn, echte Augen haben ihren Reiz durch echte Tränen und im Erotikgewerbe, das von weiblichen Kreas beherrscht wird, erregt die Kunden nichts mehr als echte menschliche Beine.

Für Kaneko war es deshalb wichtig die Figur des ursprünglich männlichen Hyakkimaru mit Hyaku als starke Frau neu zu interpretieren. Hyakus Körper wird während der Erzählung als Ding behandelt, ausgebeutet und konsumiert. Ein Umstand, der laut Kaneko in der heutigen Zeit als normal angesehen wird und den er durch seine weibliche Protagonistin kritisiert und dagegen ankämpft.

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Der Zeichenstil des Autors erinnert dabei weniger an den gewohnt gefälligen Stil japanischer Mangaka mit großen Kulleraugen und schönen Gesichtern. Atsushi Kaneko fängt eher Atmosphäre und Optik amerikanischer Comics ein. Er zeichnet detailliert und schafft es mit fast schon faszinierender Hässlichkeit seine Charaktere wie aus einem Horrorfilm entsprungen darzustellen. Hässlich sind dabei nicht nur ihre Gesichter und Körper, sondern auch ihre Wesen. Kaneko gibt den Charakteren ausgesprochen widerliche Laster mit auf dem Weg. Der Leser dürfte bei Search and Destroy des Öfteren angeekelt das Gesicht verziehen. Welche Abgründe dabei bei Erzählsträngen und Figuren geschaffen werden, sind klar für ein erwachsenes Publikum bestimmt.

Als kurzweilige Unterhaltung macht Search and Destroy Spaß. Es unterscheidet sich durch Härte und Zeichenstil klar von anderen Mangas und Dororo. Löst sich der Leser von der Vorstellung, den Klassiker von Osamu Tezuka vor sich zu haben, entwickelt sich Search and Destroy sehr gut als starke für sich stehende Produktion. Die Frage, die Hyaku am häufigsten im Manga gestellt wird: Warum bist du so wütend? Die beantwortet Autor Kaneko mit der Erzählweise und Aussagekraft seiner Geschichte ausreichend und schließt Search and Destory mit den Worten: Wut bedeutet Kraft.

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